Diese beiden Sätze haben mich bei der Lektüre eines Artikels in der aktuellen Flow zum Nachdenken angeregt und mich an verschiedene Situationen in meinem Lehrer:innenalltag erinnert:

 „ Zeit allein zu verbringen, ist ein wichtiger Teil von Selbstfürsorge.“

„Avoiding negativity nennt [man] diese Strategie, mit anderen Worten: Man sollte lieber Zeit mit Menschen verbringen, die einen bekräftigen und akzeptieren, statt einen anzugreifen.“

Der erste Satz erinnert mich daran, wie ich mich zu Beginn meiner Tätigkeit als Lehrkaft oft alleine gefühlt habe: Neue Schule, neues Kollegium, neuer Wohnort usw usw. – einfach alles neu, ich musste mich zurechtfinden und vor allem meinen Platz finden. In einem riesigen Kollegium von ca. 150 Leuten in einer riesigen Schule mit ca. 1700 Schüler:innen  fiel mir das sehr schwer. Zum einen fühlte ich mich zunächst alleine im Lehrer:innenzimmer: Wo sollte ich sitzen, zu welchen Leuten passte ich, welche Leute waren überhaupt interessiert, während sie im eigenen Hamsterrad ihre eigenen Herausforderungen meisterten und vor allem bereits in einer Clique verankert waren – warum also jemand Neues hinzuholen… Außerdem fühlte ich mich jahrelang oft bei meiner Arbeit alleine… Ab und an hatte ich schon jemandem, mit dem ich Material tauschen oder ein Projekt planen konnte, dennoch fehlten mir wirklich Gleichgesinnte und welche, die meine Art mit Schüler:innen umzugehen und mit ihnen zu arbeiten verstehen. Lange Zeit habe ich versucht im Kollegium Freund:innen zu finden, um mich nicht alleine zu fühlen und um „verankert“ zu sein… Heute habe ich ein paar wenige Kolleg:innen als Gleichgesinnte, manche davon sind auch Freund:innen geworden und es reicht mir, diese wenigen ab und an zum Quatschen zu sehen. Ich habe gelernt, dass alleine sein nichts Schlimmes ist. Ich bin stolz darauf, meine Arbeitsschwerpunkte und meine Eigenarten zu haben, denn ich sehe, ich bin erfolgreich damit und auch zufrieden. Es ist mir egal, was andere denken und vor allem, mit wie vielen Kolleg:innen ich zusammen bin. Wenn sich alle aufregen, muss es sich nicht auf mich übertragen – das schont ganz schön die Nerven.

Der zweite Satz knüpft daran an: Bevor ich mich verbiegen oder mir anmaßende Aussagen anhören muss, meide ich diese Menschengruppe so gut es geht und verbringe die Zeit lieber mit meinen wenigen Gleichgesinnten oder eben mit mir allein. Natürlich komme ich auch mit diesen Menschen aus, ich akzeptiere sie, komme mit ihnen ins Gespräch, da ist keine Frage. Aber ich kann auch beruhigt sagen: Bis hierin und nicht weiter. Ich kann mich abgrenzen, da ich gelernt habe für mich einzustehen und auf mich stolz zu sein. Und dass es nicht schlimm ist stolz zu sein – auch das ist eine Art Selbstfürsorge. Avoiding negativity gilt im Übrigen auch für Menschen in Schulleitungspositionen, in der Arbeit mit Eltern und auch bei Schüler:innen 😉

Ich gönne jedem von euch eine große Portion Selbstfürsorge! Auch mal alleine zu sein, ist nicht schlimm, es tut gut!

 

Eure Melissa