Bei einer Fortbildung zur systemischen Gesprächsführung ging mir plötzlich ein Licht auf. Schon öfter habe ich mich gefragt, warum Gespräche, in denen ich systemische Gesprächsführung anwende, nicht immer für mich scheinbar gewinnbringend sind und ich auch manchmal eher ernüchtert aus den Gesprächen gehe. Zuerst zweifle ich natürlich an mir selbst, ich habe nicht „richtig“ gefragt, meine Haltung ließ heute zu wünschen übrig usw. Erst in dieser Fortbildung, die eine systemische Beraterin aus der Suchtberatung leitete, sowie Teilnehmerinnen aus vielen verschiedenen sozialen Einrichtungen und sogar aus der freien Wirtschaft saßen, wurde mir als einzige Pädagogin etwas bewusst: Als Lehrkraft, die systemisch handelt, bin ich einer anderen Rolle als ein*e systemische Berater*in. Letztere berät, wie der Name schon sagt. Klient*innen kommen mehr oder weniger freiwillig, weil sie auf der Suche nach einer Lösung für ein individuelles Thema sind. Zu mir kommen Eltern und Kinder, weil ich selbst sehr häufig das Gespräch führen möchte, da ich ein Thema sehe, was besprochen werden sollte. Hinzu kommt noch ein „Machtgefälle“, was, auch wenn ich mich noch so sehr anstrenge, leider nicht ganz ausgemerzt werden kann. Es wird immer letztendlich um das Thema „Leistung“, „Bestehen und nicht Bestehen“ gehen, und ich bin die, die die Noten gibt. Da ich selbst Noten als ein weniger wichtiges Instrument sehe, ging ich immer davon aus, dass es die andere Seite auch schon nicht so wichtig nehmen würde, da ich in den Gesprächen immer klarmache, dass das Kind viel mehr ist als das! Das habe ich wohl unterschätzt. Weiterhin kann ich zwar meine systemische Haltung der Neugierde in Gesprächen einbringen, letztendlich wird aber von den Eltern und den Kindern erwartet, dass ich mit meiner Expertise als Lehrkraft Tipps geben kann, um Ende die bessere Note zu bekommen. Das heißt, meine Rolle als systemische Lehrkraft enthält neben der Beratung und „Da sein“ auch immer Anteile von Führung.
Bis bald, eure Melissa