Ich wurde in meiner Funktion als Lions Quest-Trainerin und Expertin für Partizipation zu einer Klassenleiter*innenschulung für Klasse 5 eingeladen, um über das Spannungsfeld Organisation und soziales Lernen in einer Klassenleitungsstunde zu sprechen.
Wer eine Stunde mehr als seinen Fachunterricht in einer Klasse hat, kennt die Klassenleitungsstunde. An meiner Schule wird sie „Verfügungsstunde“ genannt – über diese Stunde kann ich also frei verfügen. Laut der VV aus dem Jahr 2019 aus Rheinland-Pfalz ist der Auftrag einer Klassenleiter*in (in einer solchen Stunde) klar formuliert: Sowohl organisatorische als auch pädagogische Führung ist verlangt, der Fokus liegt vor allem auf dem sozialen Lernen.
Auf der einen Seite steht an meiner Schule konkret das Präventionsprogramm Lions Quest, was auf Persönlichkeitsbildung und soziales Lernen abzielt sowie das Einüben und Trainieren des Klassenrats. Auf der anderen Seite stehen die sonstigen sehr vielen organisatorischen Verpflichtungen (z.B. Planung Klassenfahrt, Veranstaltungen etc).
Die Frage nach einem Spannungsfeld stellte sich mir in den vielen Klassenleiterinnen-Jahren in Klasse 5/6 gar nicht. Als ich vor vielen Jahren begriffen hatte, dass man im Klassenrat alle organisatorischen Dinge besprechen und gemeinsam regeln kann, hatte ich hier bereits eine partizipative Lösung gefunden, mich selbst zu entlasten, aber gleichzeitig die Schüler*innen auf Augenhöhe und verantwortungsbewusst mit einzubeziehen.
Ebenso haben der Klassenrat und Lions Quest das gleiche Ziel in der Persönlichkeitsbildung: Es geht darum life skills zu entwickeln! Erkennt man das, so ist klar, dass man nie den Druck spüren muss, etwas Bestimmtes, also das eine oder das andere durchzuziehen, sondern, dass man als Lehrkraft sowohl mit Lions Quest als auch „nur“ mit dem Klassenrat etwas zur Persönlichkeitsbildung beiträgt! Lions Quest führt die Schüler*innen an einzelne Kompetenzen verstärkt heran, die dann im Klassenrat gezielt in ihre Anwendung gebracht und reflektiert werden können. Somit entsteht ebenso eine Verknüpfung. Lions Quest hat zudem als festen Baustein in seinem Programm den Klassenrat.
Eine Verfügungsstunde könnte z.B. mit einem Energizer beginnen, der bereits immer ganzheitliche Erfahrung beinhaltet. Der Klassenrat schließt sich daran an, z.B. mit der positiven Runde und der gemeinsamen Regelung der organisatorischen Aufgaben mit demokratischen Abstimmungen. Geballte Kraft aller drei Elemente, die dann nicht mehr im Spannungsfeld stehen.
Wichtig ist vor allem die Haltung, die ich als Lehrkraft vermittle und der systemische Gedanke, dass sich jede Einheit zu sozialem Lernen und Demokratiebildung auf den jungen Menschen auswirkt, unabhängig davon, wie perfekt diese einzeln ausgearbeitet ist. Wichtig ist durch ritualisiertes Handeln, wie regelmäßig den Klassenrat stattfinden zu lassen, Energizer und/oder Einheiten zur Persönlichkeitsbildung zu erleben, eine Haltung von Wertschätzung und Wahrgenommen sein zu vermitteln.
Meine kleine Präsentation für diese Veranstaltung mit konkreten Tipps findet ihr auf meiner Materialseite.